Rezension - Wie von der anderen Seite
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Muss man wirklich weinen?
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Genre: Belletristik
Fakten zum Buch
Autor/in:Anika Decker
Verlag: Ullstein
Erschienen: 2020
ISBN: 9783548063386
Seiten:384
Einband: Tb
Serie: -
Preis: 11€
Worum geht es in dem Buch
Als Rahel Wald im Krankenhaus aufwacht, ist alles anders. Seit ihrer Einlieferung und dem Nierenstein sind fast drei Wochen vergangen. In der Zeit lag sie nach einer Sepsis mit Organversagen auf der Intensivstation. Dass sie lebt ist ein Wunder. Schritt für Schritt kämpft sie sich zurück ins Leben. An ihrer Seite ihre Familie und ihr Freund Olli, der sich kümmert, aber gleichzeitig komisch benimmt. Verzweifelt versucht sich Rahel an die Tage vor dem Krankenhaus zu erinnern, denn die sind genauso ausgelöscht wie die Tage im Koma
Meine Leseeindrücke
Wir von der anderen Seite - habe ich mit meinem Buchclub gelesen. Ein Buch, das ich nie auf dem Schirm hatte, mich aber faszinierte, als Burns im Klappentext auftauchte und man versprach ich würde weinen.
Tränen in den Augen hatte ich, aber nur einmal und zwar als Rahel sie erfährt was damals im Krankenhaus schief lief. Aber der Reihe nach.
Das Buch beginnt mit Rahel, die auf der Intensivstation aufwacht. Ich durfte sie Schritt für Schritt begleiten, wie sie zwischen Dämmern, Schlaf und wachen Momenten regeneriert. Die humorvolle Art, wie sie mit der Situation umgeht, fand ich genauso gelungen, wie die Ehrlichkeit dahinter. Ich habe zum ersten Mal die Zeit meiner Mutter auf der Intensivstation und die Krebsdiagnose von meinem Vater mit anderen Augen gesehen. Die Hilflosigkeit, die Angst, alles war greifbar mit einer Prise Humor. Es zeigt füglich, wie schnell es gehen kann, dass sich das Leben schlagartig verändert. Man lebt, hat viele Pläne und plötzlich ist alles anders. Besonders die Situation in der Notaufnahme, die später geschildert wird, weckt Erinnerungen. Mit 14 lag ich mit heftigen Schmerzen tagelang im Krankenhaus und wurde nicht ernst genommen. Regelmäßig war ich mit Bauchschmerzen in der Notaufnahme und wurde nicht ernst genommen. Vor ein paar Jahren wieder. Nehmen sie Schmerzmittel und kommen sie wieder, wenn es schlimmer wird. Ein Jahr später kam heraus, das mein Blinddarm regelmäßig entzündet war. Bin immer noch froh, dass der Arzt mich diesmal ernst nahm. Seitdem habe ich nie wieder Probleme gehabt. Meine Bettnachbarin hatte eine Gallenentzündung, wurde mehrmals nach Hause geschickt und lag ebenfalls im Koma, weil sie fast gestorben wäre. Ich will damit sagen, ich war voll und ganz bei der Geschichte und konnte so vieles nachvollziehen.
Aber ich muss zugeben, dass mich die Autorin ab Berlin verloren hat. Das ständige Englisch nervte mich auf die Dauer, die regelmäßigen Einblicke in die Welt des Films noch viel mehr. Eigentlich nervte mich vieles. Die Mutter, die darauf besteht, dass sie shoppen geht. Der Masseur mit seinem Übergriff, der nicht wirklich geahndet wird. Olli und die Beziehung im Allgemeinem. Es wirkte alles so künstlich dramatisch und aufgebläht. Sandra, die plötzlich wieder Probleme hat, aber dann nicht mehr erwähnt wird, außer einer kurzen Nachfrage. Stattdessen wird dann eine Tantramassage eingebaut, ein englischsprachiger Schamane. Mir war das irgendwann einfach zu viel.
Dazu kommt, dass ich vieles übertrieben und unglaubwürdig fand. Klar, Berlin und selbstständig, aber 5000€ Dispo ausgereizt innerhalb von einem Monat? Die Miete konnte nicht abgebucht werden. Zumal später erwähnt wird, dass die Miete von Olli bezahlt wird. Dicke sind da immer gleich 200kg schwer und in der Akte steht, dass sie irgendwas mit 40kg wog. Ich hatte mir das gemerkt, weil ich selbst mal so wenig wog und dachte, ich bin sogar noch 3cm größer. Und dann wog sie plötzlich Mitte 70kg. Und plötzlich heißt es, sie hat in den drei Wochen 20kg zugenommen, weil sie von den Beta Blockern so einen Hunger hat. Es sind mehr als 20kg. Sie hat also über 1kg am Tag zugelegt. Glaubwürdig, wenn ich lese, dass sie beim Italiener Nudeln, Pizza und Nudeln bestellt. Unglaubwürdig, wenn man die Menge bedenkt. Auch das ständige Toilettenproblem. Ähm im Krankenhaus gibt es dafür Vorlagen und auch daheim gibt es Vorlagen.
Ach und die drei gebrochenen Rippen sieht man bei keiner Untersuchung in dem anderen Krankenhaus?
Dazu der ständige Streit mit Olli. Ich kam mir wie bei irgendwelchen Reality Stars vor, wo ich mir ständig die Hand an die Stirn schlug. Er fährt zur Reha und statt reinzugehen und auf sie zu warten, fährt er ins Hotel, ohne eine Nachricht zu schreiben. Dass da keine Liebe mehr ist, merkt ein Blinder. Ich war dann echt dankbar, als das zumindest halbwegs gut aufgelöst wurde. Anders als die ebenfalls vorhandene Trennung ihres Bruders.
Ihr merkt schon, guter Ansatz, nette und emotionale Momente mit leichtem Witz, aber irgendwann kommt dann die satirischen Autorin durch, die auf Drama, Klischees und co setzt.
Fazit
Wir von der anderen Seite - ist kein Buch was mit macht, wenn man selbst krank ist. Natürlich wird der beschwerliche Weg gut und leicht humorvoll aufgegriffen und am Ende wartet ein kleines Happy End, aber irgendwann verliert sich das Buch in Übertreibungen, Drama, Fehlern und nervigen Szenen. Für den Anfang gibt es zumindest zwei Sterne.
Leseempfehlung für Leser von ..
- Satire, Selbstironie und jede Menge künstliches Drama
Bewertung
| Cover | 🩷🩷🩷🩷🩷 |
| Grundidee | 🩷🩷🩷🩷 |
| Stil & Sprache | 🩷🩷🩷🩷 |
| Figuren | 🩷🩷 |
| Tempo | 🩷🩷🩷 |
| Spannung | 🩷🩷 |
| Schluss | 🩷🩷 |
| Lesespaß | 🩷🩷 |
| Spice-Faktor | - |
| Gesamtwertung | ⭐️⭐️ |

Kommentare
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