Wir Kinder vom Bahnhof Zoo / Christiane F

Ich sog das Pulver durch die Nase ein. Alles was ich spürte war ein beißend bitterer Geschmack. Ich musste den Brechreiz unterdrücken und spuckte dann noch eine Menge von dem Zeug wieder aus. Dann kam es unheimlich schnell. Meine Glieder wurden wahnsinnig schwer und waren gleichzeitig ganz leicht. Ich war irrsinnig müde und das war ein unheimlich geiles Gefühl. Die ganze Scheiße war mit einemmal weg. Kein „It is too late“ mehr. Ich fühlte mich so toll wie nie. Das war am 18.04.1976, einen Monat vor meinem 14. Geburtstag. (Zitat. S.91)


BUCHFAKTEN
Titel: Wir Kinder vom Bahnhof Zoo
Autor: Christiane F. aufgeschrieben von K. Hermann und H. Rieck
Verlag: Heyne
Preis: Damals hat es 12,90DM gekostet. Heute kostet es neu 9,90€
Jahr: Meine Ausgabe ist von 1999
Seitenzahl: 366 Seiten, darunter viele Fotos im Mittelteil
ISBN: 3453162847
Rubrik: Biographie über Drogen und Babystrich
Art: Taschenbuch

WORUM GEHT ES IN DEM BUCH?
Das Buch beginnt mit einigen Auszügen aus der Anklage von 1977 und mit Auszügen aus dem Urteil von Christiane F.
Christiane ist sechs Jahre alt und ihre Schwester fünf, als sie vom Lande in den Plattenbau Gropiusstadt in Berlin ziehen. Dort ist es kinderunfreundlich, dreckig und sie lernt, dass Macht alles ist. Schnell lernt sie, wie sie sich durchzusetzen hat und das verbotene Dinge am meisten spaß machen. Zwar gibt es von ihrem gewalttätigen Vater immer Schläge, aber sie kennt es nicht anders. Als sich ihre Eltern scheiden lassen, findet ihre Mutter schnell einen neuen Freund und zusammen ziehen sie in eine kleine Wohnung. Sie gerät ständig mit ihm in Streit und als ihre Schwester zum Vater zurückgeht, bricht alles um sie zusammen. Der Anschluss in der Schule fehlt, da sie zwei Wochen zu spät in die neue Schule kommt. Sie lernt Kessie kennen und kommt über Kessie in eine Clique, wo gerne mal ein Joint geraucht wird. Es folgen LSD und Tabletten. Da ist sie 12 Jahre alt. Als dann alle ins Sound, Europas modernste Disko wollen, geht sie natürlich mit. Sie belügt ihre Mutter dafür. Dort gibt es schon einige Fixer und als Kessies Mutter hinter alles kommt, verbietet sie Kessie den Umgang. Sie kommt somit noch rechtzeitig von der Szene weg. Zu diesem Zeitpunkt lernt sie Atze ihren ersten Freund kennen und durch ihn Detlef. Detlef kümmert sich rührend um sie, als sie den ersten Liebeskummer hat. Alles ist super, bis er plötzlich auf Heroin umsteigt. Sie fühlt sich ausgeschlossen und hat Angst vor diesem Zeug. Es dauert einige Zeit und sie verliert die Angst. Am 16.4.1976 snieft sie das erste Mal Heroin. Detlef und sie kommen wieder zusammen und rutschen immer mehr ab. Dabei zieht sie spätere Freundinnen mit in diesen Sumpf. Öfters versucht sie alleine oder mit Detlef den Entzug, aber beide schaffen es nicht. Viele Freunde und Bekannte sterben um sie herum, Gefängnis, Babystrich und der nächste Druck. Aus mehr besteht ihr Leben nicht mehr. Es dauert lange, bis sie den Absprung alleine schafft.

Neben Christianes Erzählung, kommen noch in kursiver Schrift Einsichten von der Mutter, der Polizei und vom Jugendhaus.


WIE GEFÄLLT MIR DAS BUCH?
Wie oben erwähnt habe ich in der Schulzeit einmal den Film gesehen. Dieser fängt sehr viel später an und geht wenig auf die Kindheit ein. Das Buch hingegen beginnt mit den ganzen Anfängen und dadurch war vieles einfach klarer zu verstehen. Schon 2008 zu Weihnachten habe ich das Buch gelesen. Jetzt 6 Jahre später habe ich es erneut gelesen.

Dieses Buch gibt einen wirklich genauen Einblick, wie leicht es mit den Drogen beginnt und wie harmlos es am Anfang ist und wie schnell man abrutschen kann und wie schwer es ist, dort wieder herauszukommen. Wie so schön formuliert wurde, kaum ein Junkie ist vor Rückfällen sicher. Daher finde ich dieses Buch sehr wertvoll, um zu verhindern, dass andere Jugendliche diesen Schritt machen und später die gleichen Probleme ihr ganzes Leben haben.
Ich selbst bin in St. Georg zur Schule gegangen und auch wenn die Schule abgeschlossen war, haben sich doch regelmäßig Fixer bei uns in die Toiletten verirrt und darunter gab es auch den berühmten goldenen Schuss. Trotzdem hat das keinen von den Schülern abgeschreckt, ihre Erfahrungen mit den Einstiegsdrogen zu machen.

Wie in dem Buch von der Kindheit erzählt wird und viele es auf diese Kindheit schieben, finde ich schade. Ich selbst habe einen cholerischen Vater und Gewaltausbrüche waren nicht selten, nur das viele Kinder eben eher selten zu mir durften, da es in einer kleinen Stadt nicht so häufig vorkommt, wie in einem Plattenbau. Ich musste sogar die Schule wechseln, da ich einen kompletten Absturz hatte. Trotzdem hab ich nie auch nur etwas von Drogen probiert und ich bin der Meinung, dass es etwas mit der Persönlichkeit zu tun hat. Ihre Schwester hatte die gleichen Erlebnisse und sie hat ebenfalls nicht damit angefangen. Mein ehemaliger Lebensgefährte hatte ein gutes Elternhaus, liebe volle Eltern und ist trotzdem über den ein oder anderen Joint inzwischen zu den harten Drogen gekommen und ohne Einsicht ist da nicht zu helfen. Dementsprechend habe ich noch einen anderen Bezug zu diesem Buch, da ich die Mutter und ihre Hilflosigkeit sehr gut verstehen kann.
Das Buch ist nun schon recht alt, aber man merkt, dass auch heute wenig getan wird. Zwar reden viele von „Keine Macht den Drogen“ und es gibt viel mehr Aufklärung und auch etwas mehr Hilfe, aber im Grunde ist vieles noch wie damals. In der Schule helfen Lehrer immer noch sehr selten.


Christiane zeigt dem Leser, dass gerade Jugendlichen ohne Perspektive, Halt, Unterstützung, Anerkennung und Liebe oft Cliquen das Wichtigste sind und Verbotenes reizt. Ich denke, da Drogen gerade so verboten sind, reizt es noch mehr, sie zu probieren und auch zu zeigen, das Erwachsene falsch liegen.

Kommentare

  1. Hey Sarah,

    klingt nach einem sehr interessanten Buch, welches nicht nur eine Geschichte erzählt. Solche Bücher mit Hintergründen sind sehr wichtig für unsere Gesellschaft.

    Lieben Gruß,
    Ruby

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