Interview mit dem Autor Wolfgang Brunner

Tiefe Einblicke in die Welt eines Autoren ...



Hallo Wolfgang, ich denke mal unter Kollegen ist das Du in Ordnung. Erst einmal vielen Dank, dass du dich meinen Fragen stellen möchtest. Ich versuche auch gnädig zu sein. Fangen wir doch mal mit einer leichten Frage an, um dich besser kennenzulernen, ehe wir uns deinem Beruf widmen.

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Welche drei Dinge würde ein Wolfgang Brunner mit auf eine einsame Insel nehmen? Birkenstock-Sandalen und T-Shirts lasse ich als eins gelten :)

Okay, dann haben wir ja schon eine von drei Sachen, die mitkommen würden. :-)
Ja, die Birkenstocks und meine Film-T-Shirts. Auf die ersteren kam ich durch meine Frau, die diese Sandalen förmlich sammelt und Film-Shirts trage ich seit meiner Jugend.
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Aber im Ernst, wenn ich mich wirklich auf drei „Dinge“ beschränken müsste, wären das meine Frau (obwohl ich sie nicht als Ding bezeichnen würde :-) ), Bücher und Musik. Fertig! Mehr brauche ich nicht zum Glücklichsein.

Wenn du dir aussuchen dürftest, wo du wohnen könntest, welche Stadt oder welches Land wäre dies?

In Deutschland sind meine beiden Lieblingsstädte Berlin und Hamburg. In Berlin habe ich über zehn Jahre gewohnt, Hamburg habe ich nicht geschafft. ;-) Aber da wo ich heute wohne, am schönen Niederrhein, fühle ich mich auch extremst wohl.
Hätte ich die Möglichkeit (sowohl finanziell wie auch beruflich) würde ich sofort nach Australien umsiedeln. Die Mentalität dieser Leute ist schlichtweg ein Traum. Und dort kämen für mich viele Städte in Frage, die mir bei meinem ersten Besuch dort enorm gefallen haben: Sydney, Cairns, Adelaide ...

Was beschäftigt dich neben der Literatur? Hast du bestimmte Hobbies oder Interessen?

Meine Leidenschaft, wie könnte es ja auch anders sein, sind Bücher. Schon als Zwölfjähriger habe ich mich durch sämtliche Genres gelesen und war Stammkunde in unserer Stadtbibliothek in München. Heute besitze ich eine eigene Bibliothek, die um die 4.000 Bücher, oder sogar noch mehr, umfasst. Ich schaue seit über zwanzig Jahren kein Fernsehen, was zur Folge hat, dass ich, übrigens zusammen mit meiner Frau, sehr viel Zeit zum Lesen habe. Ein Buch pro Woche ist der Durchschnitt. Neben dem Lesen interessiere ich mich noch für Filme aller Genres (auch diese Sammlung umfasst mittlerweile 2.000 DVDs und BluRays)und Musik. Ohne Musik gäbe es auch meine Bücher nicht, denn Musik ist die größte Inspiration für mich. Ein Roman („Der Schmetterlingsmann“) wurde bereits vertont (von der Elektronikband „Pyramid Peak“) und auch live (zusammen mit mir) aufgeführt. Auf youtube kann man Ausschnitte von diesem Konzert finden. Und momentan arbeitet der Elektronikmusiker Torsten M. Abel an einer Vertonung meiner Cryptanus-Trilogie. Auch hier kann man schon auf youtube was sehen und hören. Dieses Projekt wird ein außergewöhnliches Hörspielerlebnis, eine Mischung aus Lesung und Konzenptalbum, das es dann auch auf CD geben wird. Wie man also sieht, verbinde ich meine Hobbys auch noch mit meiner Schriftsstellerei.
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Und noch mal eine Spur persönlicher.

Eis oder Schokolade? Eher Schokolade, wobei ich Eis schon auch mal gerne esse.

Nudeln oder Pizza? Definitiv beides.

Fleisch oder Fisch? Weder noch. Ich bin Vegetarier. Ganz selten gibt es mal Fisch bei uns.

Cola oder Fanta? Wenn, dann Cola. Aber nur light oder zero.

Fußball oder Eishockey? Sport interessiert mich überhaupt nicht. Ich habe von den beiden genannten Sportarten wirklich null Ahnung.

Porsche oder Mustang? Weder noch. Auto ist für mich ein Nutzgegenstand, der mich von A nach B bringen muss. Ich finde manche Autos schön anzusehen, aber das Bedürfnis, ein solches zu besitzen oder zu fahren, kommt bei mir nicht auf.

Nun aber zur Literatur. Wann hast du mit dem Schreiben angefangen und vor allen Dingen warum?

Diese Frage wird natürlich oft gestellt und lässt sich relativ einfach beantworten. Wie gesagt, schon als kleiner Junge habe ich mich mit Vorliebe den Abenteuern von Schriftstellern wie Jules Verne, J.R.R. Tolkien, Richard Adams und Michael Ende hingegeben, während andere Kinder draußen spielten. Ich war zwar kein echter „Stubenhocker“, aber meine Freizeit verbrachte ich doch die meiste Zeit mit Lesen. Daraus resultierend war natürlich das Interesse, eines Tages selbst Schriftsteller zu werden, sehr groß. Als ich dann Ende der 80er Jahre Michael Ende in München traf, der Gedichte und die ersten Seiten eines Romans von mir begutachtete, festigte sich der Entschluss, Autor zu werden, noch einmal. Nachdem ich mich an seinen Rat gehalten habe, der besagte, sich intensiv mit Literatur zu beschäftigen, bevor man den Weg einer Veröffentlichung gehen sollte, wagte ich zum ersten Mal 2008 den Schritt, mich an Verlage zu wenden. 2009 erschien dann mein Debüt „Cryptanus – Der Geruch des Todes“. Mittlerweile sind 14 Publikationen von mir auf dem Buchmarkt (teils Verlagsveröffentlichungen, teils Selfpublishing) und ein Ende ist noch nicht in Sicht, denn es gibt noch fertiggestellte Manuskripte in meiner Schublade und auch unzählige Ideen und Projekte in meinem Kopf. Nebenbei verfasse ich übrigens auch noch Booklet-Texte für BluRay-Mediabooks und Drehbücher. Es wird also nie langweilig bei mir. ;-)

Wenn du schreibst, gibt es dafür einen bestimmten Ort?

In der Regel arbeite ich an meinem Schreibtisch, weil da alles ist, was ich dazu brauche. Im Hochsommer kann es schon mal passieren, dass ich mir das Notebook schnappe und draußen im Garten arbeite. Andere Möglichkeiten gibt es bei mir nicht.

Jeder Autor holt sich seine Ideen auf ganz bestimmte Weise. Wie lässt du dich inspirieren?

Inspiration bekomme ich von fast überall her. Wie schon erwähnt, ist die Musik eine sehr große und ergiebige Inspirationsquelle für mich. Aber natürlich auch andere Bücher oder auch Filme. Und die Realität nicht zu vergessen. Ich beobachte Menschen, notiere mir im Geiste ihren Verhaltensweisen und merke mir auch Dinge, die um mich herum passieren. Nachrichten, Ereignisse, die innerhalb der Familie oder Freunden passieren, können ebenso Inspiration für mich sein, wie hundert andere Kleinigkeiten, die um mich herum passieren. Ich bin im Grunde genommen wie ein Schwamm, der permanent in sich aufsaugt, was es aufzusaugen gibt.

Als Autor liest du sicherlich viel. Nicht jedes Buch überzeugt gleichermaßen. Hast du ein Buch gelesen, wo du nur den Kopf geschüttelt und das Verlangen verspürt hast, dieses Buch umzuschreiben, zu deiner eigenen Geschichte zu machen, weil das andere so schlecht war?

Sicherlich gab es solche Bücher. Und manchmal gibt es die sogar heute noch. Aber mittlerweile habe ich gelernt, dass es schlichtweg verschiedene Schreibstile gibt, die man einfach akzeptieren muss. Und wenn es einem nicht gefällt, dann legt man das Buch einfach zur Seite.
Aber gerade nach meinem Debütroman konnte ich fast kein Buch lesen, ohne in Gedanken umzuschreiben, zu verbessern und auch zu „verurteilen“. Das ist aber mittlerweile und glücklicherweise wieder vorbei. Jedem das seine ...

Wenn wir schon dabei sind … Welches Buch ist dir besonders positiv und welches besonders negativ in Erinnerung geblieben?

Besonders positiv sind mir bis zum heutigen Tage folgende Bücher in Erinnerung: „Dhalgren“ von Samuel R. Delany, „Shardik“ von Richard Adams, „Die unendliche Geschichte“ von Michael Ende, „Die Spur der toten Sonne“ von Iain Banks, die „Otherland“-Reihe von Tad Williams und nicht zu vergessen „Der Herr der Ringe“ von J.R.R. Tolkien.
Besonders negative Beispiele verkneife ich mir, weil es sie zum einen nicht wirklich gibt und sie zum anderen ihre Ursache wahrscheinlich nur darin finden, weil ich selbst Schriftsteller bin und in diesen Fällen sowieso immer „alles anders machen würde“ ;-)

Wenn du liest, bevorzugst du es modern in Form von eBooks oder bist du eher der klassische Print-Medien-Leser?

Ich habe keinen ebook-Reader und werde auch nie einen besitzen. Das ist auch eine Frage, die mir zugegebenermaßen irgendwie im Magen liegt. Ich sehe nämlich in dieser Art der Buchvermarktung sicherlich eine Angebotserweiterung, die wahrscheinlich in unserer Zeit sogar unumgänglich ist. Doch die digitalisierte Form eines Buches reduziert in meinen Augen das Werk eines Autors oftmals, nicht immer, zu einer belanglosen Massenware, die billig aus dem Internet heruntergeladen und auf minimalem Platz abgespeichert werden kann. Wie in der Musikbranche das MP3-Format verschafft das Ebook dem Besitzer zwar Unmengen an „künstlerischen“ Daten, die er in der Regel aber ohnehin nicht nutzen kann, sei es zum einen aus Zeitgründen oder zum anderen schlicht wegen eines „Daten-Overloads“.
Hat man sich früher ein Buch oder ein Musikalbum gekauft, weil es einen wirklich interessierte, neigt man heute schnell dazu, sich für billiges Geld die entsprechenden Daten nur des Besitzes Willen herunterzuladen. Von der Datenklau-Piraterie ganz zu schweigen.

Konzentrierte man sich also noch vor einiger Zeit auf ausgewählte Dinge, geraten viele Menschen durch die Digitalisierung unweigerlich in einen unübersichtlichen Brei aus Überangebot und Oberflächlichkeit.
„Haben, haben, haben“, lautet da oft die Devise und ein qualifiziertes Urteil über die Arbeit eines Künstlers, sei es nun ein Autor oder Musiker, bleibt dann leider oft auf der Strecke, weil das Werk eben „untergeht“.
Wir leben heutzutage in einer schnelllebigen Zeit und Kindle und Konsorten sind für mich unvermeidliche Auswirkungen davon. Im Bereich Belletristik sehe ich diese Entwicklung als notwendiges Übel, das ich persönlich als Leser defintiv nicht in Anspruch nehmen werde. Für schulische oder auch wissenschaftliche Zwecke erkenne ich in einer digitalisierten Buchform durchaus Sinn.
Im heimischen Wohnzimmer mit einem Kindle oder Notebook auf der Couch zu sitzen, um den neuen Roman von „XYZ“ zu lesen, halte ich, ‘buchtechnisch’ gesehen, für unästhetisch.
Aber vielleicht bin ich auch einfach nur altmodisch … ;-)

Dann sind wir schon mal zwei altmodische Menschen. Mein Mann ist von seinem eBook-Reader begeistert. Wenn er nicht warm wird, kann er so abbrechen, da sein Lesegeschmack sehr merkwürdig ist. Bei Musik bevorzugt er jedoch noch immer Vinyl. Ich selbst bevorzuge das gute alte Buch in den Händen. Seiten umblättern, das Rascheln, der Duft ... Mein Mann kann das hier absolut nicht nachvollziehen. 

Copyright Wolfgang Brunner (Nutzung genehmigt)

Kommen wir vom Lesen wieder zurück zum Schreiben. Hast du einen festen Arbeitsplan mit täglich z.B. 20.000 Zeichen oder schreibst du, wie es dir gerade in den Kopf kommt?

Manchmal setze ich mir Tagesziele, manchmal klappt es aber nicht so, wie ich das will. Ich schreibe also im Grunde genommen so, wie es gerade passt, habe dabei aber ein Minimum an Seiten im Hinterkopf.

Bevorzugst du Stift und Papier, PC oder die gute alte Schreibmaschine?

Meine Anfänge habe ich noch auf einer alten Schreibmaschine verfasst, mittlerweile schreibe ich nur noch am PC. Das Redigieren findet aber dann immer noch auf ausgedrucktem Papier und mit Stift in der Hand statt.

Du schreibst ja bekanntlich in verschiedenen Richtungen. Gibt es ein Genre, das du niemals anpacken würdest?

Mich interessiert als Autor genauso jedes Genre wie als Leser. Natürlich spricht mich das ein oder andere Thema einfach mehr an, aber grundsätzlich bin ich keiner Richtung abgeneigt und könnte mir daher vorstellen, auch so ziemlich jedes Genre als Schriftsteller zu bedienen. Ich würde Themen, die mich nicht interessieren oder ansprechen, schlichtweg entsprechend umarbeiten und zu einem typischen „Brunner“ machen … ;-)

Ein Autor, so wurde mir gesagt, lebt heute eher von den Lesungen, als von seinen Büchern. Welche deiner Lesungen ist dir besonders im Gedächtnis geblieben? Und wie bereitest du eine Lesung vor, wenn ein neues Buch erscheint? Einige Autoren haben dafür regelrecht Konzepte, die sie abarbeiten. Ist das bei dir auch der Fall?

Die bisher schönste Lesung, weil die außergewlöhnlichste, war die musikalische Darbietung auf der Bühne, bei der „Der Schmetterlingsmann“ in Begleitung einer Elektronikband aufgeführt wurde. Als reine Lesung ist mir der Vortrag in der Landesvertretung NRW in Berlin am schönsten in Erinnerung, weil dort ein sehr angenehmes und professionelles Ambiente herrschte. Aber im Grunde genommen stellt jede Lesung ein Highlight im Leben eines Autors dar. Ich habe zum Beispiel einmal in einem Altenheim eine Lesung abgehalten und war absolut begeistert, mit welchem Interesse und mit welcher Freude die Zuschauer auf meine Worte reagiert haben. Und wir hatten gemeinsam einen Riesenspaß in den Pausen und am Ende der Lesung. So etwas bleibt natürlich in Erinnerung. Ein Konzept arbeite ich in diesem Sinne niemals aus. Ich bin bei Lesungen auch immer spontan und passe mich dem Publikum an. Eine „Event“-Lesung, wie es zum Beispiel Sebastian Fitzek macht, würde ich persönlich nicht abhalten. Eine Lesung ist für mich, wenn ein Autor aus seinem Buch vorliest und Fragen beantwortet, und keine inszenierte Show.
Ich finde eine Interaktion zwischen Autor und Leser sehr wichtig. Im direkten Kontakt bei Lesungen erlebe ich hautnah und live mit, wie das Publikum auf meine Geschichte reagiert. Das ist enorm wichtig, um zu erkennen, ob ich tatsächlich die Wirkung erreiche, die ich beim Schreiben der Textstellen im Sinn hatte. Oft ist es ja so, dass ich mich beim Schreiben fast schon in einer Art Ekstase befinde, deren Ergebnisse dann womöglich beim Lesen unnatürlich und gekünstelt wirken.
Erst bei Lesungen stellt sich heraus, ob ich die Gefühle, die ich beim Schreiben hatte, auch genauso rüberbringen konnte.

Und an welchen Ort würdest du gerne mal eine Lesung halten?

Ich habe schon an vielen „tollen“ Orten eine Lesung abgehalten: Zum Beispiel auf einem Friedhof oder in einem unterirdischen Gewölbe, in dem während der Lesung Fledermäuse umherflogen. Was ich besonders spannend fände wären Lesungen, die an einem Ort des Geschehens stattfinden würden, wie etwa eine Lesung aus meinem Horror-Roman „Nachtzug“ während einer Zugfahrt. Oder ein Vortrag aus meinem biografischen Roman über den legendären Titanic-Kapitän „Smith – Mein Leben bis zur Tragödie der Titanic“ auf einem Schiff. So etwas würde mir echt Spaß machen.
Seinerzeit habe ich im Schloss Ringenberg im Rittersaal aus meinem historischen Roman „Die weiße Frau“ vorgelesen, in dem fast die gesamte Geschichte spielt. Auch das war ein tolles Erlebnis, sowohl für mich als Autor wie auch für die Zuhörer, die sich meine Handlungsorte dadurch noch besser vorstellen konnten.

Jetzt hab ich dich aber genug genervt. Lach. Eine letzte Frage, die ich auch immer gestellt bekomme. Da draußen gibt es viele Menschen, die selbst gerne schreiben möchten. Hast du zum Abschluss noch einen Tipp für Nachwuchsautoren? Immerhin machst du das ganze hauptberuflich.

Wichtig ist aus meiner Sicht, sich immer selbstkritisch gegenüberzustehen und an seinem Schreibstil permanent zu arbeiten. Redigieren bedeutet, das Manuskript nach Fertigstellung eine Weile ruhen zu lassen und ihm dann in mehreren Durchläufen den nötigen Feinschliff zu verschaffen.
Geduldig sein und nicht aufgeben“ ist dabei eine Devise, die sich jeder, der Autor werden will, zu Herzen nehmen sollte. Die Einsendung eines Manuskripts bei Verlagen sollte ordentlich und überlegt gemacht werden. Ein Exposé ist da wie eine Visitenkarte.
Und zu guter Letzt, wie Michael Ende auch mir nahe legte: Lesen und sich mit der Literatur beschäftigen ist eines der wichtigsten Werkzeuge für einen Schriftsteller.


Weise Worte zum Abschluss, wie ich finde und die ich bestätigen kann. Erst nach vielen Jahren und über 10.000 Büchern habe ich mich überhaupt an den Gedanken herangetraut, selbst einmal einige Zeilen zu schreiben. Lesen hilft sich zu verbessern. 

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